Seelenhaus

Blogparade: An Krisen wachsen

Angela Brauer hat zur Blogparade mit dem Thema „An Krisen wachsen“ aufgerufen und ich bin dem Ruf gefolgt. Auch Sie hat eine Krise gemeistert. Und ich ziehe den Hut vor der Kraft und dem Mut den sie bewiesen hat!

Krise, oder: Nullpunkt

Ich stand 2017 an meinem persönlichen Nullpunkt. An dem Punkt an dem einfach nichts mehr war, wie es einmal war. Und es würde auch nie wieder so werden. Ich wusste das, fragte mich aber damals nicht ob ich das wollen würde. Absurd, aus heutiger Sicht. Meine Krise, mein Nullpunkt war die Flucht vor meinem Ex-Mann oder besser: meinem Arschengel. Nicht nur sprichwörtlich stand ich mit nichts als dem was ich am Körper trug da. Wie es dazu kam kann hier nachgelesen werden: Himmel-Höllen Ritt (2) – Vom Regen in die Traufe – Leben mit einem Narzissten .

Aus heutiger Sicht war diese Krise eigentlich eher gut für mich. Ich bin an ihr gewachsen und ich habe sie intuitiv als Chance gesehen. Ich hatte wenige Optionen und aufgeben war aus dem Bauch heraus keine. Hätte ich aufgeben wollen, ich wäre an diesem Abend in der Wohnung geblieben, würde aber wahrscheinlich nicht mehr leben. Also stand ich da, mitten in einer mächtigen Krise. Ohne Boden unter den Füßen, einfach am Nullpunkt. Nackt und absolut leer. Ich war die ersten Tage im Schockzustand, diese Zeit zieht auch heute noch in Gedanken eher an mir vorbei. Als säße ich in einem Zug und wenn ich aus dem Fenster schaue sind da all die Stationen die ich ablief: Das Frauenhaus, die Polizei, die Rechtsmedizin, meine Angst. Als ich langsam wieder „wach“ wurde und die erste Trauer und den Schock herausgelassen habe, war die Frage „Wie geht es weiter?“. Rückblickend betrachtet habe ich genau da begonnen zu wachsen.

Wachsen an und mit der Krise

Das Gute an einer Krise ist doch eigentlich, dass man irgendwo mittendrin steht und überlegen muss wie man das jetzt übersteht. Das ist natürlich zunächst schockierend, aber für mich fühlte es sich so an. Ich hatte da einen Scherbenhaufen im Rücken und war innerlich so leer und so emotionslos, ich musste zwingend aktiv werden. Für mich war klar: Verharren an diesem Punkt geht nicht. Also muss es voran gehen. Aber welche Richtung?

Ich musste also zunächst mal klären wo ich eigentlich hin will. Und dafür musste ich wissen wer ich überhaupt bin. Der Weg ist das Ziel, sagte Konfuzius einst und eigentlich stimmt das. Aus einer Krise heraus gibt es mehrere Wege. Welchen du wählst, entscheidest du. Manchmal braucht es Wegweiser, so wie bei mir. Ich begab mich in Therapie und habe zunächst die Krise und das, was dazu geführt hat bearbeitet, verarbeitet und daraus meine Lehren gezogen. Ich wollte jemand sein, nämlich ich selbst. Dafür musste ich aber den Weg zu mir finden. Ich bin noch nicht angekommen, aber ich bin auf dem Weg und ich weiss inzwischen wer ich bin. Es gab viel zu entdecken auf diesem Weg und viele Wege die parallel dazu liefen: Ich persönlich, Beruf, Familie, Freunde.

Verlernen, Erlernen und Umsetzen

Ich musste viele Dinge im Prinzip „verlernen“. Die ganzen negativen Glaubenssätze die mir während meiner Kindheit und später in der Ehe fast schon Mantraartig eingebleut wurden mussten verlernt werden. Dann mussten neue, positive Glaubenssätze erlernt werden. Ich finde auch jetzt noch manchmal kleinere Baustellen an denen ich dann arbeite. Eigentlich lerne ich ständig dazu, von meinem Umfeld, von mir selbst. Und ich bin offen dafür.

Denn mein Nullpunkt, meine persönliche Krise hat mich eines gelehrt: Ich kann neu anfangen. Ich habe die Kraft Dinge umzusetzen und ich bin unabhängig dabei. Aus der Krise bin ich zwar langsam herausgekommen, aber ich habe unterwegs viele Dinge mitgenommen:

  • Es ist vollkommen okay man selbst zu sein. Die richtigen Menschen mögen mich auch ohne Aufopferung.
  • Ich muss mich um mich selbst kümmern, denn nur ich kann mir aufhelfen.
  • Hilfe anzunehmen ist kein Zeichen von Schwäche,
  • Ich habe Stärke bewiesen und tue das immer noch.
  • Es ist mein Leben, also gestalte ich es auch so wie ICH es möchte.

Lerne aus der Krise

Aus meiner Sicht sind Krisen nicht pauschal schlecht. Manchmal bieten sie eben auch eine Chance. Die Chance Dinge zu überdenken und andere Sichtweisen zuzulassen. Die Chance zu lernen, dass man mit Hilfe viel schaffen kann. Die Chance zu erkennen, wer im persönlichen Umfeld ein echter Freund ist. Die Chance seinem Leben eine entscheidende Wendung zu geben. Die Chance sich selbst neu oder anders kennenzulernen. Die Chance zu hinterfragen ob das, was zur Krise geführt hat auch das ist, was man als richtig empfindet.

Es gibt Krisen, so wie die aktuelle Corona-Krise, die sind schwer beeinflussbar. Aber auch hier habe ich für mich Chancen gesehen. Social Distancing ist schwierig, ja. Aber ich habe Kontakt gehalten zu den Menschen die ich mag. Ich habe Zeit mit mir verbracht und viele Dinge endlich mal erledigt, ausprobiert und einfach mal die Seele baumeln lassen. Ich habe mein Konsumverhalten überdacht und meinen Horizont erweitert. All das hätte ich wahrscheinlich nicht so komprimiert getan wenn es die Corona-Krise nicht gegeben hätte.

Kürzlich sagte jemand zu mir meine Krise wäre eigentlich wie „Der Phönix aus der Asche“ und irgendwie ist da was dran. Ich bin aus dem Scherbenhaufen meiner selbst neu hervorgegangen, weil ich in einer krassen Krise meines Lebens Chancen genutzt habe. Darauf bin ich stolz, ein neues Gefühl für mich.

 

 

Über die Autorin

Die Stehauffrau bloggt über das Leben nach toxischen Beziehungen, die schönen Dinge des Lebens und den Weg dorthin. Stehauffrau steht für eine Frau die den Weg vom Opfer zur selbstbestimmten Frau gegangen ist.

(2) Kommentare

  1. Liebe Jessica,

    vielen lieben Dank für Deine Teilnahme an einer Blogparade. Ich bin zutiefst beeindruckt von Deiner Geschichte und Deinem Mut! In Deinem Blog habe ich mich direkt festgelesen, Du hast eine großartige Art und Weise die Dinge zu betrachten und zu schreiben. Danke auch dafür!

    Viele liebe Grüße
    Angela

    1. Liebe Angela,
      vielen lieben Dank für dein Feedback! Ich habe gerne mitgemacht und hoffe andere inspirieren zu können, vielleicht eine kleine Portion Mut zu spenden. Ich fand die Idee für die Blogparade sehr schön! Eine schöne Sammlung großartiger Gedanken, danke dafür!
      Liebe Grüße
      Jessica

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