Seelenhaus

Nachwirkungen einer toxischen Beziehung

„Zu Risiken und Nachwirkungen fragen Sie bitte Ihr Bauchgefühl und Ihr direktes Umfeld.“

Manchmal wünschte ich, ich hätte auf mein Umfeld gehört. Denn dann hätte ich mir wahrscheinlich einiges erspart. Andererseits wäre ich dann heute nicht da, wo ich bin. Es hat also alles – wie immer im Leben – seine Vor- und Nachteile. Machen wir uns nichts vor: Die Nachteile einer toxischen Beziehung überwiegen eindeutig. Und die Nachwirkungen einer toxischen Beziehung noch mehr.

Nachwirkungen einer toxischen Beziehung kommen schleichend

Manche Nachwirkungen spüren wir sofort und intensiv: Trauer, Wut, Scham. Einige von uns waren zunächst geschockt. Andere schleichend traumatisiert. Mir ging es ähnlich. Ich war im Schockzustand. Diese Unfassbarkeit des Überschreitens von Grenzen, spürbar und körperlich sichtbar. Es hat mich gelähmt. Andere Beziehungen enden und man nimmt einige schöne Erinnerungen mit, denkt vielleicht nach einer Zeit noch an den Ex-Partner. Wir aber stehen da mit einem Scherbenhaufen, innerlich und äußerlich. Nicht selten sind wir ruiniert auf mehreren Ebenen. In der Rückschau habe ich einiges als Nachwirkung identifizieren können:

  • Die Schwierigkeit wieder auf den eigenen Körper zu hören
  • Die Vorsicht den eigenen Gedanken zu vertrauen
  • Die mentale Mauer die nur wenige überwinden können
  • Die Perspektivlosigkeit wieder eine Beziehung eingehen zu wollen
  • Das Vertrauen in einen selbst
  • Körperliche Beschwerden die nicht eindeutig zuzuordnen sind

Und viele kleine Dinge mehr. Aber immer wieder: Vertrauen. In sich selbst, in die Umwelt, in neue Begegnungen. Das ist wohl eine der stärksten Nebenwirkungen: Vertrauenslosigkeit.

Du darfst leiden, du darfst weinen

Manche behaupten: Mit der Zeit wird das wieder. Aber eigentlich stimmt das nicht. Es „wird“ nicht wieder, es soll auch nicht wieder werden. Es ist vergangen und das ist richtig gut so. Das, was kommt wird besser, anders und ehrlicher. Durch die massive Abwertung in einer toxischen Beziehung haben wir verlernt auf uns zu hören, die Signale unserer Körper wahrzunehmen, unseren Gedanken zu trauen. Die uns aufgeladene fremde Schuld wiegt schwer und die muss man zwangsläufig Stück für Stück abbauen. Stück für Stück, weil es nicht möglich ist dieses Gedanken- und Gefühlsmuster abzustreifen und neu anzufangen. Ich hatte Glück, ich hatte eine sehr gute Therapeutin. Eine, die mich gelesen hat und wusste wie ich da raus komme. Eine, die mir zugetraut hat es zu schaffen. Jeder sollte so ein Glück haben. Jeder sollte die Chance haben sein Mindset zu verändern, zu regenerieren und aufzuladen. Und dafür müssen wir auch lernen zuzulassen. Schrei es raus, wenn es Dir hilft. Wein es raus, wenn es Dir hilft. Aber lass es raus.

Weil die Nachwirkungen uns noch lange Zeit verfolgen. Auch Jahre später noch und manchmal mehr als uns lieb ist. Ich habe gelernt damit zu leben, weil ich es muss. Aber ich habe auch gelernt damit umzugehen. Und darauf kommt es an: Zu lernen mit sich selbst zu leben, mit den Nachwirkungen umzugehen und zu verstehen, dass sie zwar dazugehören aber nicht dominieren müssen. Und irgendwann wird es einfacher. Es wird immer ein Teil meines Lebens sein, aber nicht mehr ein Teil meiner Persönlichkeit. Er hat mich nicht brechen können, denn ich war stärker. Ich habe die Chance genutzt und bin daran gewachsen. Er ist nach wie vor in seiner surrealen Welt im Hamsterrad. Und vielleicht ist das seine Nachwirkung, was mir aber auch egal ist.

 

 

Über die Autorin

Die Stehauffrau bloggt über das Leben nach toxischen Beziehungen, die schönen Dinge des Lebens und den Weg dorthin. Stehauffrau steht für eine Frau die den Weg vom Opfer zur selbstbestimmten Frau gegangen ist.

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