Seelenhaus

Gedankenkonfetti: Alles eine Frage der Perspektive

Perspektive ist immer etwas schönes. Kürzlich habe ich einen Film gesehen („Es ist nur eine Phase, Hase“) der eigentlich ganz witzig, dabei aber auch sehr ernst war. In diesem Film geht es um Midlife Crisis (wenn man das nennen möchte) oder auch den Wunsch etwas zu verändern. Eine Passage hat mich dazu veranlasst über das Altern nachzudenken. Über zweite Chancen. Oder dritte. Über Neuanfänge und über das Scheitern. Und über die Frage der Perspektive.

Damals, als man noch jung war und eh keine Perspektive hatte

Früher, als ich noch jung an Jahren und total grün hinter den Ohren war (wo kommt der Spruch eigentlich her?) erschien die Welt irgendwie einfacher. Da hatte man noch keine Ahnung wie scheisse das alles werden kann. Wenn die erste Steuererklärung vor einem liegt und man so gar nichts versteht. Die Erkenntnis dass zur Mietzahlung auch noch Dinge wie Strom, Kosten für Heizung und Telefon kommen war irgendwie nicht das Highlight des Erwachsenwerdens. Vorbei die Leichtigkeit der Schultage. An denen war wenigstens alles klar: Bis dann und dann Schule, lästige Hausaufgaben und dann spielen. Einfach, überschaubar und irgendwie besser.

Aus heutiger Sicht erscheint mir das verhasste Fach Mathe in der Schule doch irgendwie angenehmer als Gespräche mit Versicherungsmaklern. Die malen einem das dann vermeintlich „wahre Leben“ aus. Unfälle, Hausbrände, Sterbefälle und wie sieht es denn mit der Familienplanung aus? Dinge wie ein Bausparvertrag fanden damals einfach nicht statt. Meine größte Sorge war die Hausaufgaben noch fix in der Raucherecke von einem der Streber abzuschreiben bevor der Gong ertönte. Ich hatte zwar schon immer ein schwieriges Verhältnis zu meinem Körper, aber das erstreckte sich auf Körbchengröße und Format des Hinterteils. Heute meldet sich der Rücken und Muskeln die ich nie an genau der schmerzenden Stelle vermutet hätte.

Romantik war früher auch besser

Zwischenmenschliche Beziehungen waren damals aus heutiger Perspektive zwar oberflächlich, aber dafür auch einfach. Entweder man konnte sich leiden oder eben nicht. Die Welt war groß genug um sich aus dem Weg zu gehen. Damals gab es noch kein Handy, wir waren nicht erreichbar und haben uns doch erreicht. „What is Love?“ war die Kernfrage in der Teenagerzeit. Damals fand man entweder Take That oder die Backstreet Boys gut, es gab Die Ärzte und Die Toten Hosen. Heute ist Musik sehr flüchtig und meist auch tatsächlich künstlich. Während ich in jungen Jahren die Älteren skeptisch beobachtete wie sie zu Oldies so richtig schunkelten und dachte „Ich mach das nicht!“, muss ich heute feststellen: Ich mach es genau so. Ist das jetzt traurig oder nur die Aufgabe des Widerstands gegen das Unvermeintliche?

Romantik war früher auch mit mehr Lametta. Ich bin einer der unromantischsten Menschen die ich kenne. Früher fand man es „süß“ wenn die Jugendliebe Herzchen malte, heute ist ein Teelicht schon Romantik genug. Vielleicht auch, weil man inzwischen die Konsequenzen der Rosaroten Brille kennt. Gebranntes Kind scheut das Feuer.

Ich weiss nicht mal wer ich bin, was soll ich mit einem Beruf?

Irgendwann im Laufe der Jugend kamen die ersten Erfahrungen hinzu an die man sich im fortgeschrittenen Alter gerne mal erinnert. Weil es damals einfach war. Eine Nacht durchmachen? Kein Problem! Meinetwegen danach noch zur Schule, was kostet die Welt? Heute ist man nach weniger als 7-8 Stunden Schlaf schon scheintot, wie herrlich mutet doch der Mittagsschlaf an! Während man im Sommer in jungen Jahren Gedanken an den Baggersee hatte, freue ich mich heute dass die Wäsche so schnell trocken wird. So verschieben sich Welten. Wenn nicht sogar Universen.

Die Berufswahl am Ende der schulischen Laufbahn. Einige sind auch heute noch bei ihren Berufen und dabei mächtig unglücklich. Andere haben vieles ausprobiert und sind dann irgendwie hängen geblieben. Während wir heute Jubiläen feiern, haben wir damals noch gedacht die Welt zu verändern. Das Highlight im Büro sind Geburtstage und Jubiläen, da gibts Kuchen. Früher dachte ich noch mein Leben wird total spannend und ich mache fünf Millionen Dinge. Stimmt auch irgendwie, nur mit einer zeitlichen Verschiebung.

Hätte ich damals gewusst was auf mich zukommt, ich hätte andere Wege gewählt. Aber dann wäre ich nicht da wo ich heute bin.

Alles eine Frage der Perspektive.

Über die Autorin

Die Stehauffrau bloggt über das Leben nach toxischen Beziehungen, die schönen Dinge des Lebens und den Weg dorthin. Stehauffrau steht für eine Frau die den Weg vom Opfer zur selbstbestimmten Frau gegangen ist.

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